RE: Gedichte

#91 von petias , 24.06.2022 21:21

Glühwürmchen Nacht

In einer lauen Juninacht,
war Irmchen völlig aufgebracht.
Es zog sie an den Waldrand hin,
die Liebe war in ihrem Sinn
und inniges Begehren
wollte sie schier verzehren.

Wie sie da so sitzt und sehnt
sich an die Dunkelheit gewöhnt,
da blitzet ein Lichtlein da und dort,
leuchtet kurz auf – ist wieder fort.
Sieh nur sieh und immer wieder
tanzen Lichtlein auf und nieder!

Sie scheu das Kleidchen fallen ließ
legte sich nackig in die Wies‘,
überwältigt von der Sommernacht
bewundert sie der Sterne Pracht.
Und wie die Würmchen sich bemüh’n,
hell nach einem Partner glüh‘n…

Umschmeichelt von der linden Luft,
Irmchen an ihren Knospen zupft
und drückt und dreht mit heißer Freude,
erst links, dann rechts, dann alle beide.
Die eine bleibt, die andre Hand,
tastend die Körpermitte fand!

Und reibt und presst, fährt auf und nieder,
hält kurz an, beginnt dann wieder.
Zwei Würmchen finden sich alsbald
in ihrer Haare dichtem Wald.
Das Mädchen stöhnt, das Würmchen funkt
gemeinsam hin zum Höhepunkt.

Ach du armes süßes Irmchen,
könntest du leuchten wie die Würmchen,
es hät‘ in der Johannisnacht,
dir sicher deinen Karl gebracht -
oder einen anderen Mann?
Wen nur lockt das Leuchten an?

Den Würmchen ist es einerlei,
wer immer kommt ist mit dabei.
Doch Menschen leuchten mit den Augen,
und wen sie anstrahlen wird es sehen.
Wenn beide füreinander taugen,
ein Stück des Wegs gemeinsam gehen.
-------------------------------------------------------Peter Matthias

Cousine Ilsi meinte, es gäbe keine Gedichte über die Glühwürmchen Nacht. Hier ist eins, liebe Ilsi!


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RE: Gedichte

#92 von petias , 23.07.2022 08:59

Das bucklige Männlein

Will ich in mein Gärtlein gehn,
will mein Zwiebeln gießen;
steht ein bucklicht Männlein da,
fängt als an zu nießen.

Will ich in mein Küchel gehn,
will mein Süpplein kochen;
steht ein bucklicht Männlein da,
hat mein Töpflein brochen.

Will ich in mein Stüblein gehn,
will mein Müßlein essen;
steht ein bucklicht Männlein da,
hats schon halber gessen.

Will ich auf mein Boden gehn,
will mein Hölzlein holen;
steht ein bucklicht Männlein da,
hat mirs halber g'stohlen.

Will ich in mein Keller gehn,
will mein Weinlein zapfen;
steht ein bucklicht Männlein da,
thut mir'n Krug wegschnappen.

Setz ich mich ans Rädlein hin,
will mein Fädlein drehen;
steht ein bucklicht Männlein da,
läßt mirs Rad nicht gehen.

Geh ich in mein Kämmerlein,
will mein Bettlein machen;
steht ein bucklicht Männlein da,
fängt als an zu lachen.

Wenn ich an mein Bänklein knie,
will ein bislein beten;
steht ein bucklicht Männlein da,
fängt als an zu reden.

Liebes Kindlein, ach ich bitt,
bet' für's bucklicht Männlein mit!
----------------------------------------------Achim von Arnim und Clemens Brentano

Wie schon manchmal erwähnt, hat mich meine Großtante Emma zu den Gedichten hin geschupst, ohne das zu beabsichtigen. Gedichte waren mit von den wenigen Dingen, die sie mit ihren schwindenden Sinnen und sich langsam eintrübenden Verstand noch genießen konnte.
Eines davon war das "Bucklige Männlein"

Am Ende des Gedichtes sagte ich manchmal:
"Tante Emmi, ich denke, das bucklige Männlein soll den inneren Schweinehund symbolisieren."
"Kann sein!", sagte sie dann nach einigem Nachdenken. Aber ernsthaft hat sie sich mit der Möglichkeit nicht beschäftigt. Mehr beschäftigte sie die Frage, wo denn all die buckligen Menschen, die sie aus ihrer Kindheit her kannte, wohl hingekommen sein mochten. Man sieht keine mehr auf den Straßen und im Fernsehen. Mal von Quasimode abgesehen und alten Hexen. Aber auch die stammen aus historischen Zeiten...


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RE: Gedichte

#93 von petias , 28.09.2022 20:39

Liebe ohne Schmerzen

Wenn ich auf Wanderschaft gehe,
mit Rucksack, Schlafsack und Tarp,
durch Wald und Flur,
durch Tag und Nacht,
bade in Bach und Tümpel, Regen und Tau,
esse, was ich finde am Wegesrand -
bin ich komplett und rund!

Ich bin die Hummeln,
die Blüten,
der Pollen,
und die Blätter, die der Wind bewegt.
Ich bin die Sonnenstrahlen auf meiner Haut,
die Sterne am Himmel,
das Wasser, das ich trinke,
die Beeren, Pilze und Blätter, die ich esse:
ich bin komplett und rund!

Ich könnte auf ewig so wandern – und doch:
regt sich, ganz sacht, tief in mir drinnen
ein zartes, scheues Sehnen, der Wunsch nach mehr,
wird unbescheiden und gierig,
der Wunsch nach Nähe,
der Wunsch nach Dir!

Die Anforderungen sind hoch, doch unvermeidlich:
Du brauchst mich nicht, Du bist selbst rund und ganz.
Wenn Du nicht bei mir bist, leidest Du nicht.
Wenn Du es bist, bist Du es gern!
Ich bin nicht für Dein Wohlergehen verantwortlich,
genau so wenig wie Du für meines.

Wenn wir uns begegnen, weil wir es beide wollen,
so kommt etwas hinzu, eine Auflage auf das Rund,
eine wohlige Wärme verbreitendes Duftkissen.
Wir genießen es, solange es so ist.
Ist es vorbei, für den Tag oder für immer,
so leiden wir nicht, denn wir sind immer noch
– jeder für sich -
komplett und rund.

Kannst Du Dich darin wiederfinden?
Dann… doch halt!
Vergiss, was ich schrieb!
Ich werde meinen Teil der Vereinbarung nicht einhalten können.
Wenn ich Dich treffen sollte, Dich, der Du dieser Beschreibung entsprichst,
möchte ich mich nie wieder von Dir trennen,
würde unsagbar leiden,
wenn ich es muss!
--------------------------------------------------------------------------------------------Peter Matthias


Neulich hat ein Bändchen mit Lyrik und Kurzgeschichten den Weg zu mir gefunden. Viele der Gedichte darin sind "reimlose Gedichte". Ich konnte bislang nicht viel damit anfangen. Das einzige klassische reimlose Gedicht, das ich kenne und schätze ist Prometheus

Aber in dem Lyrikband haben mich doch einige dieser Gedichte angesprochen. Ich hatte Lust es selbst einmal zu versuchen. Was meint ihr?


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RE: Gedichte

#94 von petias , 26.10.2022 12:09

Tango Solo

Wie ich still saß auf meiner Reise,
als sie ohne Sinn und Richtung schien,
kam zu mir die Kunde
vom Pfad zwischen Zweien.
Nur ohne Hoffnung sei er zu gehen ...

Ich ließ das kostbare Pfand am Eingang zurück,
trat ein in das Labyrinth der Einsamkeit,
Erforschte seine Wege, folgte meiner Ahnung,
dass letztlich niemand allein sein kann.
Angst, Zweifel und Schuld beschatteten mich,
spielten Wegelagerer und Scharfrichter mir,
forderten erbarmungslos Ansehen und Gnade.
Schritt für Schritt wurde der Pfad zum Grat
durch das alles umspannende Nichts,
schob sich aus dem Nichts blindes Vertrauen
und eine befreiende Heiterkeit ins Spiel.

Mit jedem Atemzug öffnet sich mein Herz,
schützen mich Gleichmut und Freundlichkeit.
Langsam wandelt sich des Messers Schneide
in ein Seil, das den Namen Erde trägt.
Schrittweise gestaltet der Pfad sich zum Tanz.
Auf dem Weg der Liebe erweist sich Hoffnung
als letzter und erster Meilenstein zugleich.
--------------------------------------------------------------- Eva-Maria Blaufuß
aus dem Buch "LASS UNS VON DER HOFFNUNG REDEN" Verlag Roloff

Durch die Zufälle des Lebens (natürlich wissen wir, dass Zufälle uns nur zufällig erscheinen, weil uns der übergeordnete, alles überschauende Ausblick fehlt) bin ich auf dieses Gedicht gestoßen und war seltsam davon berührt, ohne genau zu wissen warum oder auch nur dessen Sinn zu begreifen. Ich habe ein Wenig darüber nachgeforscht. Von den Ergebnissen erzähle ich später. Lasst das Gedicht erst einmal auf euch wirken, und erzählt mir, was ihr dabei empfindet.


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RE: Gedichte

#95 von petias , 02.11.2022 10:28

Tango Solo 2 - Interpretation

Nachdem ihr euch mittlerweile so erfreulich eingehend mit dem Gedicht von Frau Blaufuß beschäftigt habt, kommen nun von mir die versprochenen Ergebnisse meiner Nachforschungen:
Ich habe den Roloff Verlag angemailt, ob sie denn bereit wären einen Leserbrief oder ein Leseremail an Frau Blaufuß weiterzuleiten. Man hat mir angeboten einen Brief zu ihren Händen an den Verlag an sie weiterzuleiten.

Ich habe ihr daraufhin einen Brief geschrieben, der unter anderem auch meinen ersten Versuch zu einem reimlosen Gedicht, zu das mich der Lyrik Band aus der ihr Gedicht stammt angeregt hatte, beigelegt, Liebe ohne Schmerzen.
Sie hat mir mit einen sehr schönen - sowohl äußerlich als auch vom Inhalt her - Brief geantwortet. Die Sprache ist bildreich und nicht immer auf Anhieb gut zu verstehen, aber sie hat mir einige Hinweise zum Verständnis ihres Gedichtes und zum Thema Liebe gegeben, darunter zwei Buchtitel. Die Bücher habe ich mir besorgt.

Buch 1: "Der Prophet" von Khalil Gibran. Vermutlich jedermensch (genderneutral zu jedermann) kennt das Kapitel daraus, das er über die Kinder schreibt:
"Eure Kinder sind nicht eure Kinder. Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.... "

Aus diesem Buch hat mir Frau Blaufuß das Kapitel empfohlen, in dem der Prophet, "zur Liebe befragt, treffliche Worte findet".
Die Worte, die er findet, sind kein romantisches Liebesgestammel:
"Wenn die Liebe euch ruft, folgt ihr. Auch wenn die Pfade beschwerlich und steil sind." ... "Auch wenn das Schwert zwischen ihren Fittichen euch verwunden mag." ... "und bereitwillig und freudig zu bluten."

Buch 2: "Wenn alles zusammenbricht" von Pema Chödrön. Die Autorin (geboren 1936) ist seit 1986 Leiterin des tibetisch-buddhistischen Klosters Gampo Abbey in Kanada.

Wenn wir aus der Sicht des Buddhismus an das Gedicht herantreten, wird vieles klar:

„Tango Solo“

Der Titel ist ein Widerspruch, denn der Tango ist ein Tanz für zwei, ein Tanz der Liebe. Man kann ihn nicht alleine Tanzen. Warten wir noch, uns einen Reim daraus zu machen.

Wie ich still saß auf meiner Reise,
als sie ohne Sinn und Richtung schien,


Wenn man reist, sitzt man normalerweise nicht, es sei denn in Auto, Bus oder Bahn. Aber dann kennt man doch die Richtung. Gemeint ist eine Zeit im Leben, in der man feststeckt, nicht weiß wohin der eigenen Weg gehen soll, man nach Orientierung sucht.

kam zu mir die Kunde

z.B. in Form eines Buches oder einer Fernsehsendung

vom Pfad zwischen Zweien.
Nur ohne Hoffnung sei er zu gehen ...


Der Pfad zwischen Zweien meint den „Mittleren Weg“ des Buddhismus. Er ist eine Umschreibung für die Lehre Buddhas, die Extreme vermeidet. Danach ist Erleuchtung weder durch strikte Askese noch durch grenzenloses Schwelgen im Genuss zu erlangen. Die Bedingung für diesen „Pfad zwischen Zweien“ ist die Aufgabe der Hoffnung. Hoffnung schließt ein, dass es im Moment nicht so gut läuft, man aber auf die Zukunft hofft, dass dann alles besser wird. Das bewahrheitet sich nie, schlimmer, es hindert einen daran die Momente der Gegenwart, das „Hier und Jetzt“ voll wahrzunehmen.

Ich ließ das kostbare Pfand am Eingang zurück,
trat ein in das Labyrinth der Einsamkeit,


Das "kostbare Pfand" ist die Hoffnung. Ohne Hoffnung, dass mich jemand oder etwas aus meiner Lage befreit, bin ich ganz auf mich alleine gestellt.

Erforschte seine Wege, folgte meiner Ahnung,
dass letztlich niemand allein sein kann.


Alles ist mit allem verbunden, nichts und niemand ist allein.

Angst, Zweifel und Schuld beschatteten mich,
spielten Wegelagerer und Scharfrichter mir,
forderten erbarmungslos Ansehen und Gnade.
Schritt für Schritt wurde der Pfad zum Grat
durch das alles umspannende Nichts,


Die Fassade bröckelt. Wer bin ich? Was soll ich hier. Der Tanz auf des Messers Schneide. Ein Eiertanz. "UND auch das ist eine Kunst", meint Frau Blaufuß.

schob sich aus dem Nichts blindes Vertrauen
und eine befreiende Heiterkeit ins Spiel.


Aber dann, wenn wir einsehen, dass es ist, wie es ist, und wir nichts daran tun können, beginnen wir uns zu entspannen. Wir genießen oder erdulden was ist und lenken uns nicht ab durch sinnlose Projektionen in die Zukunft.


Mit jedem Atemzug öffnet sich mein Herz,
schützen mich Gleichmut und Freundlichkeit.


Durch Meditation, meist durch Beobachtung des Atems, entsteht Ruhe und Einsicht.

Langsam wandelt sich des Messers Schneide
in ein Seil, das den Namen Erde trägt.


Man bekommt wieder feste Erde unter die Füße.

Schrittweise gestaltet der Pfad sich zum Tanz.

Der Tanz ist der Tango. Und da ist der Bezug zum Titel. Frau Blaufuß sieht darin viel. "...nicht zuletzt eine machtvolle Möglichkeit, wie kaum ein anderes Parkett, ein Abbild des Lebens zu spiegeln, Meschen ohne Ansehen von Rasse, Geschlecht, Position, Status für 'drei Minuten der Wirklichkeit' zusammenzuführen."

Auf dem Weg der Liebe erweist sich Hoffnung
als letzter und erster Meilenstein zugleich.


Bei dieser Strophe bin ich mir nicht sicher. Meint sie, dass die Hoffnung auf Liebe zwar Liebe herbeirufen kann, aber die Hoffnung auf mehr und Besseres sie wieder beendet? Ich werde sie nochmal fragen müssen.


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RE: Gedichte

#96 von petias , 26.01.2023 00:20

Der Tod ist groß...

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
------------------Rainer Maria Rilke (1875-1926)


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RE: Gedichte

#97 von petias , 01.02.2023 13:48

Meinem Freund Bruno zum Geburtstag

Lieber Bruno,

Als Jürgen Hayn vor 59 Jahren,
erblicktest Du der Welten Licht.
Damals, als wir Kinder waren,
kannten wir uns beide nicht.

Du warst ein rechter Querulant,
kein Freund der Stasi- Obrigkeit
hätte ich damals Dich gekannt,
das hätte sicher mich gefreut.

Die Liebe zu Musik und Szene,
war damals schon in Dir erwacht.,
Damit man sich daran gewöhne,
dafür war Dein Protest gedacht.

Als ich vor ca. 15 Jahren
Den Patz erwarb, wo ich jetzt bin,
Hab‘ später ich von Dir erfahren,
zu dem zog es Dich selber hin.

Du hast was Flacheres Dir genommen,
mit eigner Quelle, nah am Bach.
Ein halbes Haus hast Du bekommen,
doch drang bald Feuer aus dem Dach.

Es folgten sehr viel Leid und Mühen
Ein Neubau in verrückter Zeit.
Doch langsam fängt es an zu blühen
Das neue Haus ist bald soweit!

Trotz all der Arbeit und den Sorgen,
hilfst Du mir mit Rat und Tat,
das Haus in Steinheid zu versorgen,
das mein Sohn erworben hat.

Gern begleite ich hin und wieder
Zu einem Auftritt Dich im Land,
erfreue mich Deiner schönen Lieder,
tanze bewegt mit Fuß und Hand

So wünsche ich Dir zu diesem Feste,
vorne 50 hinten 9
von Herzen nur das Allerbeste
mögest Du gesund und glücklich sein!


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RE: Gedichte

#98 von petias , 18.03.2023 09:15

Mein Enkel Oli wird 1 Jahr alt

Der Oli ist schon mächtig groß,
ein ganzes Jahr - Wie ging das blos?
Er wuchs so schnell und wie im Nu
Ward' er ein fröhlich' GULIGU!

Bald geht er in den Kindergarten,
die Kinder können's kaum erwarten,
wollen alle mit dem Oli spielen,
sich durch den Sand im Kasten wühlen ...

Glück und Freud mein Kleiner, ja?
wünscht Dir von Herzen Opapa!


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RE: Gedichte

#99 von petias , 23.03.2023 09:45

Der lieben Ute zum 54. Geburtstag

Der Geburtstag ist der Tag im Jahr,
an dem der Mensch geboren war.
Damit er sich darüber freue
feiern wir ihn stets aufs Neue.

Was ich früher schon geschrieben
ist bis heute wahr geblieben.
ich wiederhol es aber nicht
und schreib ein anderes Gedicht!

Solltest Du etwas vermissen
vielleicht ist es schon längst gesagt.
Sonst lasse es mich einfach wissen,
bevor der Zweifel an Dir nagt.

Gerne schreib ich dann die Zeilen,
muss ich auch lange daran feilen,
der Grund dafür ist leicht zu finden:
mögest Du Freude darin finden!

Zurzeit begegne ich Dir selten,
wir leben in verschiedenen Welten.
Du hast ganz furchtbar viel zu tun,
nur wenig Zeit Dich auszuruh’n.

Du stehst allein im Blumenladen,
vor Kurzem noch ein Job für drei.
das kann der Freizeit doch nur schaden,
jetzt hast Du praktisch nicht mehr frei.

Freund Christian hilft wo er kann,
macht Essen und beliefert Kunden,
packt mit auf der Baustelle an,
hilft so über die Runden.

Dein Leben findet sonntags statt,
Freunde treffen, feiern, Sport,
doch bleibt da auch noch Schriftkram satt,
den schaffst Du auch noch sonntags fort.

Fassadendämmung, neues Dach,
den Bau organisieren,
hält Dich auch manchmal nachts noch wach,
muss sicher Dich frustrieren.

Doch ist ein Ende abzusehen
und das hält Dich am Leben,
der Bau wird mal zu Ende gehen,
wird bessere Zeiten geben!

In etwas mehr als Jahresfrist
der Laden dann Geschichte ist.
Ein kleiner Job und Freizeit satt.
Das Leben findet wieder statt!

Das ist zumindest, was Du planst.
Ob Schwierigkeiten Du erahnst?
Nur NOCH ein Jahr, das ist nicht viel?
Bleib‘ lieber stark, behalt das Ziel!

Wie immer Du Dich auch entscheidest,
ich hoffe sehr, dass Du nicht leidest.
Du bist und bleibst die Starke Ute,
von Herzen wünsch ich: Alles Gute!


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RE: Gedichte

#100 von petias , 28.04.2023 11:47

Der Elke zum 61. Geburtstag

Zu Elkes großem Ehrenfeste,
erwartet sie illustre Gäste!
Dass niemand eine Ausred‘ habe
erstreckt das Fest sich über Tage.

So kommt herein ihr lieben Leut,
die Elke keine Kosten scheut!
Als Höhepunkt für ihre Gäst‘
gibt’s Sonntag gar das Hexenfest!

Wie schön, dass eines sicher ist,
dass Du ein wahres Wunschkind bist.
Die Eltern haben‘s lang‘ probiert
und waren schließlich sehr frustriert,
doch jeden Adoptionsgedanken
wies Elkes Ankunft in die Schranken.

Und war der Knoten erst durchtrennt,
war ihr ein Schwesterlein vergönnt.
Nach ca. zwei-ein-viertel Jahr
erschien die Schwester Claudia.

Damit sie nicht um sonst da sitze,
war Elke in der Schule Spitze:
Viele Einsen nur eine Zwei
in Physik war mit dabei.

Abitur und Uni erreichbar schien
Wunschberuf: Dolmetscherin.
Doch leider fanden Funktionäre,
dass sie zu wenig staatstreu wäre,
verwehrten ihre das Abitur
so war die DDR- Zäsur.
Alternativ durfte sie hoffen:
Lehrberuf nach oben offen.

So wurde sie Elektronikerin,
halbherzig nur – doch immerhin!
Sie lief – ob Hitze oder Schnee,
ins „Anne Seghers“ VEB.
So manches mal sie aufwärts stieg,
zum Röhrenwerk nach Igelshieb.

Abschluss und Abitur mit Links,
doch nicht zum Sprachenstudium gings,
dem Staat zur Strafe, weil so dumm,
verweigert sie das Studium.
Funktionäre haben, wohl falsch besetzt,
120 000 DDR Mark in den Sand gesetzt.

Doch nach der Wende gar nicht lang,
erwies sich das als Bumerang.
Der VEB
war bald passé
was Neues wollte nicht gelingen,
von Job zu Job musste sie springen
auch das vorbei gottlob,
die Rente ist der beste Job!

Das Leben brachte Männer, Liebe,
So manches Leid blieb auch nicht aus.
Ihr größter Stolz vor Allem sind:
Sohn Markus und das Enkelkind!
Der Wunsch, dass alles grad so bliebe,
bescheidenes Leben im eigenen Haus!

Die große Stütze seit 15 Jahren
Freund Mario wohnt in der Stadt.
Wie oft ist sie zu ihm gefahren,
wie oft er sie besucht hier hat.

Sie war ihr Leben lang in Lichte
der Mario liebt halt die Stadt,
gar nicht so schlecht ist die Geschichte,
da bekommt man sich so leicht nicht satt.

So wünschen wir vom Hügel - und die Ute
Dir zum Geburtstag alles Gute.
Bleib gesund, glücklich und schön,
bis wir uns bald schon wiedersehn!


Anmerkung für Leser, die nicht aus der DDR abstammen: VEB heißt Volks Eigener Betrieb
Diese hatten Namen. In dem Fall "Anne Seghers". Sie war eine deutsche Schriftstellerin und von 1952 bis 1978 Präsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR.


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RE: Gedichte

#101 von petias , 18.06.2023 09:48

Das verschleierte Bild zu Sais

Ein Jüngling, den des Wissens heißer Durst
nach Sais in Ägypten trieb, der Priester
geheime Weisheit zu erlernen, hatte
schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt,
stets riß ihn seine Forschbegierde weiter,
und kaum besänftigte der Hierophant
den ungeduldig Strebenden. "Was hab ich,
wenn ich nicht alles habe?", sprach der Jüngling.
"Gibts etwa hier ein Weniger und Mehr?
Ist deine Wahrheit wie der Sinne Glück
nur eine Summe, die man größer, kleiner
besitzen kann und immer doch besitzt?
Ist sie nicht eine einzge, ungeteilte?
Nimm einen Ton aus einer Harmonie,
nimm eine Farbe aus dem Regenbogen,
und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang
das schöne All der Töne fehlt und Farben."

Indem sie einst so sprachen, standen sie
in einer einsamen Rotonde still,
wo ein verschleiert Bild von Riesengröße
dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert
blickt er den Führer an und spricht: "Was ists,
das hinter diesem Schleier sich verbirgt?"
"Die Wahrheit", ist die Antwort. – "Wie?", ruft jener,
"nach Wahrheit streb ich ja allein, und diese
gerade ist es, die man mir verhüllt?"

"Das mache mit der Gottheit aus", versetzt
der Hierophant. "Kein Sterblicher", sagt sie,
"rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Und wer mit ungeweihter, schuldger Hand
den heiligen, verbotnen früher hebt,
der, spricht die Gottheit" – "Nun?" – "Der sieht die Wahrheit."
"Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst,
du hättest also niemals ihn gehoben?"
"Ich? Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu
versucht." – "Das fass ich nicht. Wenn von der Wahrheit
nur diese dünne Scheidewand mich trennte –"
"und ein Gesetz", fällt ihm sein Führer ein.
"Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst,
ist dieser dünne Flor – für deine Hand
zwar leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen."

Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause.
Ihm raubt des Wissens brennende Begier
den Schlaf, er wälzt sich glühend auf dem Lager
und rafft sich auf um Mitternacht. Zum Tempel
führt unfreiwillig ihn der scheue Tritt.
Leicht ward es ihm, die Mauer zu ersteigen,
und mitten in das Inn're der Rotonde
trägt ein beherzter Sprung den Wagenden.

Hier steht er nun, und grauenvoll umfängt
den Einsamen die lebenlose Stille,
die nur der Tritte hohler Widerhall
in den geheimen Grüften unterbricht.
Von oben durch der Kuppel Öffnung wirft
der Mond den bleichen, silberblauen Schein,
und furchtbar wie ein gegenwärtger Gott
erglänzt durch des Gewölbes Finsternisse
in ihrem langen Schleier die Gestalt.

Er tritt hinan mit ungewissem Schritt,
schon will die freche Hand das Heilige berühren,
da zuckt es heiß und kühl durch sein Gebein
und stößt ihn weg mit unsichtbarem Arme.
"Unglücklicher, was willst du tun?" So ruft
in seinem Innern eine treue Stimme.
"Versuchen den Allheiligen willst du?"
Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund,
rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
doch setzte nicht derselbe Mund hinzu:
Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen?
"Sei hinter ihm, was will! Ich heb ihn auf."
(Er rufts mit lauter Stimm.) »"ich will sie schauen."
Schauen!
Gellt ihm ein langes Echo spottend nach.

Er sprichts und hat den Schleier aufgedeckt.
Nun, fragt ihr, und was zeigte sich ihm hier?
Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich,
so fanden ihn am andern Tag die Priester
am Fußgestell der Isis ausgestreckt.
Was er allda gesehen und erfahren,
hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig
war seines Lebens Heiterkeit dahin,
ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe.
"Weh dem", dies war sein warnungsvolles Wort,
wenn ungestüme Frager in ihn drangen,
"Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld,
sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein."
--------------------------------------------------------------------- Friedrich Schiller

Nur fair: Nach "Prometheus", einem reimlosen Gedicht von Goethe folgt nun eines von Zeitgenosse Schiller. Cousine Ilsi hatte mir eröffnet, es sich derzeit zu erarbeiten. Da wollte ich ihr nicht nachstehen. Reimlose Gedichte sind noch viel schwerer zu lernen, als sich reimende, finde ich.
Aber - es wäre ein Gedicht mit viel Rhythmus - meint Ilsi


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RE: Gedichte

#102 von petias , 22.06.2023 17:29

Für Ilsi zum 60. Geburtstag

Inmitten einer schönen Stadt
die Ilsi ihr Zuhause hat,
ein Hexenhaus urig und klein
mit Garten in der Altstadt fein.
Geschäfte nah und Kirchen auch,
der Gemüsemarkt füllt ihr den Bauch,
zum Bahnhof geht sie leicht zu Fuß
und malerisch der Isarfluss!
Leicht erreicht zum Fitness- Zwecke
sie manche schöne Joggingstrecke.
Zum Yoga hat sie’s gar nicht weit,
der Tango sie vom Druck befreit.
Sie malt und singt mit schönem Ton,
her lovelyness goes on and on.
Sie steigt auf Berge, radelt schwimmt,
ein warmblütiges Sonnenkind!
Sie schreibt mir wunderschöne Karten,
tut mit Geduld auf Antwort warten,
hat mir gewählt mit sich’rer Hand
so manches schöne Buch gesandt.
Die Gabe hab‘ ich leider nicht,
so reime ich dies klein Gedicht.
Vielleicht nimmt sie es gütig hin
und lächelnd kommt ihr in den Sinn,
wie riesengroß der Unterschied
zu Goethes Text, zu Schillers Lied.
So lasst es mich mit Schiller sagen:
„Nimm einen Ton aus einer Harmonie,
nimm eine Farbe aus dem Regenbogen
und alles, was dir bleibt, ist NICHTS, solang
das schöne All der Töne fehlt und Farben!“

Drum bleib auch Du so wie Du bist,
rein gar nichts hier zu ändern ist,
wird auch in Zukunft tragen!


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RE: Gedichte

#103 von petias , 24.06.2023 08:42

Dem lieben Frank zum 80. Geburtstag

Zum Glück, nun schon seit vielen Jahren,
wir in Lichte Nachbarn waren.
So soll es auch in Zukunft sein,
wer Nachbarn hat, ist nicht allein!

Frank hilft mit Werkzeug, Rat und Tat,
wenn man sie braucht, man Hilfe hat.
Am Gartenzaun ein freundlich Wort,
das setzt die gute Stimmung fort.

So wünschen wir zum eignen Wohl,
dass es an nichts Dir fehlen soll.
Bleibe gesund und lebe lang,
und was man sonst so wünschen kann.
Es soll so bleiben, wie es ist:
So schön, dass Du der Nachbar bist!


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#104 von petias , 24.06.2023 12:24

Die Angelika wird 69

Schaut man in den Ausweis rein
soll Geli nicht viel jünger sein,
nur gut zwei Jahre und mehr nicht?
Das kann nicht sein, das glaub ich nicht!
sieht man uns beieinander steh'n
sind's gut und gerne mehr als zehn!

Sie reitet, gartelt, macht nie schlapp
die Hunde halten sie auf Trab
Die Pferde bringen Arbeit, Müh'n
sie macht es gern, sie nimmt es hin.
Sie geigt und trommelt, tanzt und singt
fast jeder Tag ihr Freude bringt.

Bei all dem heitern Frohgemut -
ist man bei ihr, geht's einem gut -
drum jeder kaum erwarten mag
alljährlich den Johannistag,
wenn Geli lädt die lieben Gäst'
zum fröhlichen Geburtstagsfest.

Mit leckeren Speisen, knackigen Wursten
leben wir wie reiche Fürsten,
Getränke kühl, süffig und satt
bald bin ich voll und mag kein Blatt.
Für Stimmung sorgt die eigne Band
die nah und fern ein Jeder kennt.

Wir wünschen der Angelika
Glück und Gesundheit für ein Jahr.
Und lädt sie uns dann wieder ein,
so soll der Wunsch verlängert sein!
Wieder für ein ganzes Jahr,
so wie es lang schon Usus war!
-------------------------------------------------- Der Peter vom Lichthügel


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RE: Gedichte

#105 von petias , 02.08.2023 10:54

Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn?

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
möcht’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
möcht’ ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,
in Höhlen wohnt der Drachen alte Brut,
es stürzt der Fels und über ihn die Flut:
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
geht unser Weg; o Vater, lass uns ziehn!
----------------------------------------------------------Johann Wolfgang von Goethe

Goethe lässt mit diesem Gedicht, das zu den berühmtesten Gedichten deutscher Sprache gehört und die unter Deutschen verbreitete Italiensehnsucht ausdrückt, die junge Mignon ihr ersehntes Land besingen.


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