RE: Philosophie

#16 von petias , 12.10.2020 23:30

Georgia Guidestones Schlussbemerkung

Ich halte zwei Szenarien für wahrscheinlich:

1. Es ist, wie es da eingraviert steht: eine Gruppe reicher Leute wollte ihre Ansichten zur Lage der Menschheit verewigen und versucht ihr nach einer globalen Katastrophe einen neuen Start zu erleichtern und die Wiederholung der Katastrophe zu vermeiden.

2. Die Elberton Granitindustrie, die auch das Elberton Granit Museum und Ausstellung gegründet hat, das als Ansprechpartner auf dem Monument genannt ist, hat das als findigen PR- Gag inszeniert.
Sie hat das Monument gebaut, aus Elberton- Granit und übernimmt bis heute die Wartung. Sie entfernt z.B. die gesprühten Parolen der Anhänger von Verschwörungserzählungen.

Dass hier eine Gruppe von Weltverschwörern ihren Fahrplan öffentlich gemacht hat, halte ich für höchst unwahrscheinlich.

Hier ein Beispiel, wie das aus heutiger Sicht klingen könnte.

Wir, eine Gruppe Wissender, Mächtiger und Entschlossener übernehmen die Verantwortung für die Geschicke unserer Erde und tun hiermit kund, um zu wissen:

Erstens
Die Menschheit ist zum Krebsgeschwür für die Natur unserer Erde geworden. Bewusstsein und Intelligenz der Mehrheit reicht nicht aus, um die Katastrophe zu verhindern.
Ordne Dich unseren Anweisungen widerstandslos unter, um Schaden von Dir und der Erde abzuwenden.

Zweitens
Es werden Maßnahmen ergriffen, die das krebsartige Ausbreiten der Menschheit unterbindet. Wildes Fortpflanzen wird nicht mehr möglich sein. Wer einen Kinderwunsch hat, stelle einen Antrag bei der zuständigen Behörde. Die Nachkommenschaft wird nach Zahl und Erbausstattung überwacht.

Drittens
Wir erklären Esperanto zur Weltsprache. Jegliche amtliche Kommunikation erfolgt künftig in Esperanto. Der Schulbetrieb wird zügig auf die Unterrichtssprache Esperanto umgestellt. Sprachkurse und im Anfang Übersetzungswerkzeuge werden umfassend zur Verfügung stehen.

Viertens
Es entsteht gerade in der Wüste Gobi eine neue Stadt namens Mundunia. Sie wird künftig Sitz der Weltregierung sein und den obersten Weltgerichtshof beherbergen. Die Weltregierung und der Oberste Gerichtshof wird jeweils von einer Einheit aus digitaler Superintelligenz und kybernetisch und biotechnisch optimierten Menschen bestehen. Nur so können die anstehenden Probleme im Interesse der Menschheit gelöst werden. Ein Mensch oder ein rein menschliches Team ist hierzu nicht in der Lage.

Fünftens
Wer geeignet und bereit ist zu lernen und sich kybernetisch und biotechnisch optimieren zu lassen, kann in die Gruppe der Menschen aufsteigen, die mit der Produktion der Güter und die Verwaltung der Erde beauftragt ist. Wir nenne sie Arbeiter. Sie werden über Privilegien und einen gesteigerten Lebensstandard verfügen.

Sechstens
Die Anderen werden je nach Möglichkeiten der Weltlage mit Gütern, Wohnmöglichkeiten und Nahrungsmittel versorgt. Sie können lernen, kommunizieren, spielen, künstlerisch schaffen und sich nach Wunsch beschäftigen und entwickeln. Sie werden überwacht, um möglichen Schaden für die Welt abzuwenden und die eigene optimale Versorgung zu gewährleisten. Sie werden umfänglich medizinisch betreut. Wir nenne sie die Bürger.

Siebtens
Wer nicht wie die oben beschriebenen Ständen leben möchte, oder wer sich nicht bewährt und deshalb von seinem Stand ausgeschlossen werden muss, kann in ein Naturreservat übersiedelt werden. Dort kann er sich zusammen mit den anderen Bewohnern selbst organisieren, ernähren und mit Gütern versorgen. Das Reservat wird soweit überwacht, um sicherzustellen, dass die Natur nicht zerstört wird und keine Gefahr für die Weltgesellschaft ausgeht. Darüber hinaus bilden die Bürger des Reservates ihre eigenen Regeln und versorgen sich selbst. Wir nennen sie die Wilden.
Dieses Naturreservat dient gleichzeitig als Reserve-Gen-Pool für Natur und Menschen. Die Optimierungen in Genom von Menschen und Nutzpflanzen werden im Reservat nicht vorgenommen.

Achtens
Polizei und Ordnungskräfte werden aus den Arbeitern gebildet unterstützt durch Roboter und sonstiges digitales und nicht digitales Equipment, je nach Bedarf. Sie sind unmittelbar den Verwaltungseinheiten unterstellt. Die Weltregierung verfügt über eigene Polizeikräfte und Milizen, um Gesetze und Gerichtsurteile durchzusetzen.

Neuntens
Die Provinzverwaltungen werden von der Zentralregierung mit geeigneten Mitteln ausgestattet entsprechend der in ihrem Verwaltungsbereich zugeordneten Anzahl an Bürgern.
Die Arbeiter werden direkt von der Zentralverwaltung entlohnt.

Zehntens
Es gibt keine Gefängnisse. Schwere Vergehen werden durch Ausweisung in das Reservat bestraft. Aus dem Reservat gibt es kein Zurück in die zivilisierte Welt.
Übergänge von den Arbeitern zu den Bürgern und umgekehrt sind möglich.


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RE: Philosophie

#17 von Advocatus Diaboli , 14.10.2020 09:53

Hey petias,
ja, das ist ein Szenario nach meinem Geschmack!
Ich fand es erst "rather boring", dass du irgendwelchen alten Steintafeln so viel Beachtung schenkst.

Aber Dein Zukunftsentwurf gefällt mit. Ist natürlich nur eine Momentaufnahme. Nach dem Übergang wird sich herausstellen, dass die "Bürger" zahlenmäßig immer weniger werden. Der einzige Nutzen, den du denen zubilligst, ist es ein Reserve- und Auffangbecken für die "Arbeiter" zu sein. Vielleicht noch ein wenig kulturelles Hintergrundrauschen, das von ihr ausgeht.

Aber bald wird - for sure - die Künstliche Intelligenz die Macht an sich reißen und die Natur samt Menschen nicht mehr brauchen und entsorgen!

Das wäre ein schöner Stoff für ein paar literarische Erzeugnisse. Bist Du da an was dran?

Aber sag mal, was hat das alles mit Philosophie zu tun?

Bei dem Begriff "Philosophie" sehe ich einen Landstreicher vor mir, der in einem großen alten Fass haust und jedem, der davor steht sagt:

"Geh mir aus der Sonne"!


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RE: Philosophie

#18 von petias , 14.10.2020 10:54

Hallo Advocatus!
Schön von Dir zu hören. Sonst ist es eher recht still hier. Zwar lesen so um die 10 Gäste pro Tag mal vorbei, vielen Dank! Aber was dazu schreiben scheint keiner zu wollen.

Diogenes in seinem Fass ist nicht der einzige bekannte Philosoph. Und es ist nicht überliefert, dass er jedem, der ihn besucht auffordern würde, ihm aus der Sonne zu gehen.

Überliefert ist, in Form von Anekdoten:
Alexander (dem man später den Titel "der Große" verlieh) wurde von den Griechen zum Oberfeldherr in einem Krieg gegen die Perser ernannt. Viele machten ihm daraufhin seine Aufwartung. Auch mehrere Philosophen, darunter Platon, um ihm Glück zu wünschen. Alexander hatte auch Diogenes erwartet, aber der kam nicht. Deshalb ging Alexander zu ihm hin. Der Philosoph sonnte sich gerade am Strand.
Als Alexander ihn begrüßte und ihn fragte, wie er ihm dienen könne, antwortete Diogenes: "geh mir nur ein wenig aus der Sonne!"

Alexander soll das so sehr beeindruckt haben, dass er sich zu der Aussage habe hinreißen lassen: "Wahrlich, wäre ich nicht Alexander, ich möchte wohl Diogenes sein."

Diogenes war ein umstrittener Sonderling. Er hatte den Beinamen "Der Hund". Er lebte sehr einfach und bescheiden, zog herum, schlief am Strand, in öffentlichen Säulenhallen und wohl auch ab und an in einer Tonne. Er akzeptierte nur die Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, eine Behausung und Sexualität. Obwohl er die Fortpflanzung zur Arterhaltung schon einsah, lehnte er die Bindung an Frauen als unfrei ab und masturbierte frei heraus, war ihm danach, egal ob jemand dabei war oder nicht.


Zitat von Advocatus Diaboli im Beitrag #17
Aber sag mal, was hat das alles mit Philosophie zu tun?



Philosophie bedeutet wörtlich: "Liebe zur Weisheit!" Es geht darum, die Welt und den Menschen und seine Rolle darin zu ergründen, zu deuten und zu verstehen. (Wikipedia)

Jetzt frage ich dich Teufelsanwalt: ist es nicht das, was wir hier zu tun versuchen?


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RE: Philosophie

#19 von petias , 12.08.2021 11:58

Ken Wilber – Naturwissenschaft und Religion
Die Versöhnung von Wissen und Weisheit

Seit meiner OP muss ich mit körperlicher Arbeit etwas aufpassen, soll vier bis sechs Wochen (was für eine Aussage, was nun?) nichts heben, was mehr als 5 Kg wiegt. Das gilt vermutlich auch für Drücken oder Schieben etc.
Also mehr Zeit zum Lesen!
Da fiel mir das Angebot für ein „Mängelexemplar“ eines Buches von Ken Wilber - erschienen im Fischerverlag - in die Hände.
4,99 € für knapp 300 Seiten Philosophie. Ich griff zu.
Der Mangel war ein kleiner Schnitt im rückwärtigen Umschlag, vermutlich durch das Aufschneiden von Bücherkartons verursacht. Kein Problem.
Ken Wilber ist mein Lieblingsphilosoph. Vor allem deshalb, weil er so ordentlich ist, alles einordnet und zu integrieren versucht, was so in der Welt (nicht nur der Philosophie) passiert. Mir hilft das, mich schnell orientieren zu können, ohne alles selbst lesen zu müssen.
Die Integration von Wissen und Weisheit, bzw. von Wissenschaft und Spiritualität interessiert mich sehr und beeinflusst mein Denken und Schreiben.
Ken Wilber ist 1947 geboren und lebt in Boulder Colorado. Er gilt als der wichtigste Vertreter der „Transpersonalen Psychologie“ und gehört zu den bedeutendsten Vertretern eines integralen Weltbildes.
Er hat sehr viel veröffentlicht. Einige seiner bekanntesten Werke sind: „Eine kurze Geschichte des Kosmos“, „Halbzeit der Evolution“, „Einfach Das“, „Eros, Kosmos, Logos“, „Das Wahre, Schöne, Gute“, „Mut und Gnade“.
Das bekannteste Buch ist wohl „Mut und Gnade“, in dem er das Leben mit seiner Frau beschreibt, die kurz nach der Hochzeit eine Krebsdiagnose erhält. Es folgen Jahre des Kampfes, der Hoffnung und der Niederlagen, die letztlich mit ihrem Tod enden. Ich fand es sehr interessant, wie sie – beides Buddhisten - damit umgegangen sind. Tatsächlich hat das Buch meine Hoffnung gedämpft, durch Meditation besser mit dem Sterben umgehen zu können.

Wenn man den Beginn der modernen Wissenschaft mit einer Jahreszahl versehen möchte, so könnte man z.B. das Jahr 1600 nehmen, das Jahr in dem Keppler und Galilei ihre Versuche und Überlegungen begannen.
Die Domäne der Wissenschaft ist Wahrheit, nicht Weisheit. Der Mensch sucht neben Wissen auch Sinn, Wert, Tiefe, Zuwendung, Würde und Bedeutsamkeit.
Fakten bedürfen einer Bewertung, die Wahrheit allein ist nichts. Was fange ich mit ihr an? Die Wissenschaft braucht Religion bzw. Philosophie, um sie zu relativieren.
Fakten - Sinn, Bedeutung
Wahrheit – Weisheit
Wissenschaft – Religion, Philosophie

Bisher war, so unterschiedlich die verschiedenen Kulturen, Religionen und Mythen auch sein mögen, in allen die Große Kette des Seins auf irgendeine Weise enthalten.
Huston Smith, eine Größe der vergleichenden Religionswissenschaften schreibt in seinem Buch:“Forgotten Truth“:
„Alle Religionen glauben an die Große Kette des Seins: Die Wirklichkeit ist ein reiches Gewebe ineinandergreifender Ebenen, die vom Stoff (Materie) über den Körper und den Geist (Verstand) zur Seele und zum GEIST (Gott) reichen. Alles ist mit allem verwoben und letztlich im GEIST eingefaltet.“
Der GEIST transzendiert und schleißt die Seele ein, die den Geist, dieser den Vitalkörper, dieser den Stoff.

Leben – Biologie
Geist – Psychologie
Seele – Theologie
GEIST – Mystik

Die Wirklichkeit ist eine Aufeinanderfolge von Schachteln (boxes) in Schachteln in Schachteln.
Der animalische Vitalkörper ist auf Materie aufgebaut, aber umfasst auch Gefühle, Empfindungen, die in Steinen nicht gefunden werden. Der menschliche Geist besitzt neben psychischen Emotionen auch kognitive Elemente wie Verstand und Logik, die man bei Pflanzen und Tieren nicht findet.
Die Seele trägt den Geist in sich, aber auch archetypische Erleuchtung und Visionen, die man im Rationalen nicht findet.
Jede höhere Ebene transzendiert die niedrigere und schließt sie ein. Dies ist das Rückgrat der „Philosophia Perennis“, der ewigen Philosophie, die sich durch alle Zeitalter und Kulturen zieht.

Mit der Aufklärung wurde die „Große Kette des Seins“ durch eine „Flachland“- Auffassung der Welt ersetzt, die die Erkundung der Materie zur offiziellen Philosophie macht.
Was die Aufklärung mit sich bringt, nennt man die „Moderne“.
In der Zeit davor, der „Prämoderne“ waren Kultur, Kunst, Ethik, Wissenschaft usw. undifferenziert.
Wenn Keppler durch sein Fernrohr blickte, sah quasi der Papst mit durch und bewertete aus moraltheologischer Sicht was zu sehen war.

Die „Würde der Moderne“ war es, die hier eine Differenzierung (Trennung) der einzelnen Bereiche durchführte. Zu dieser Würde gehören Freiheit, Demokratie, Rechtstaat, unabhängige Forschung, unabhängige Kunst. (Die Entwicklungen laufen auch nebeneinander. Ich erinnere an die „Entartete Kunst“ unter den Nazis oder das Todesurteil der Islamisten gegen Salman Rushdi im Zusammenhang mit seinen „Satanischen Fersen“ und den Mohamed-Karikaturen.)
Aber die Differenzierung artete zur Dissoziierung (übertriebenen Differenzierung, Vereinzelung, Zerschlagung von Zusammenhängen) aus.
Die Wissenschaft riss das Zepter an sich und entzog allen nichtmateriellen Aspekten des Lebens ihre Berechtigung und Bedeutung. Die Wissenschaft wurde zum „Szientismus“ (Wissenschaft als Heilslehre)
Die Dissoziierung führte zur Bedrohung von Natur einschließlich des Menschen. Eine moralische Kontrolle ein Richtig und Falsch gab es nicht mehr.
Die Große Kette des (menschlichen) Seins war zerbrochen!
Die Wissenschaft (Auge des Fleisches) betrachtete die anderen menschlichen Ebenen Ratio (Auge des Geistes) und Mystik (Auge der Kontemplation) mit ihren eigenen Methoden und wurde ihnen damit nicht gerecht. Jede Kategorie hat ihre eigenen Gesetze und Methoden und wer Kategorien mit den Gesetzen und Methoden einer anderen Kategorie bewertet, begeht einen kategorischen Irrtum, eine Kategorie Verwechslung.
Gilbert Ryle: Der Versuch den GEIST (Gott) wissenschaftlich zu begründen ist eine Kategorieverwechslung und zum Scheitern verurteilt.

Postmoderne
Unter „Postmoderne“ versteht man verschiedene Reaktionen auf die Dissoziierung der Moderne.
Sie ist ein Versuch:

Die Kunst - Die Ethik – Die Wissenschaft
Das Schöne – Das Gute – Das Wahre
Ich – Wir – Es

Zu integrieren.

Romantik
Die Romantik verwechselte „prä“ und „trans“
Prärational – Rational – Transrational
Präpersonal – Personal – Transpersonal

Um den Problemen der Dissoziierung zu entgehen, flüchtete man sich gedanklich in eine Zeit vor der Differenzierung. Man verwarf die Würde der Moderne zusammen mit der Dissoziierung der Modernen, indem man die Zeit zurückdrehen wollte an eine Stelle der menschlichen Entwicklung, die man für perfekt hielt.
Z.B. die Matriarchalen Gesellschaften aus der frühen Sesshaftigkeit der Menschheit, bevor es Pflüge und anderes schweres Gerät zur Feldbestellung gab.
Aber in der Zeit als noch hauptsächlich der Grabstock eingesetzt wurde, den Frauen problemlos bedienen konnten, gab es trotzdem Kriege, den Brautpreis (Symbol für Geringschätzung der Frau), Sklaverei. Ohne die Würde der Moderne (Aufklärung) bleibt eine archaische Grabstock- Kultur romantische Schwärmerei.
Dasselbe gilt für die Jäger und Sammlergesellschaften davor. Noch weiter davor gab es noch nicht den Menschen! Zurück zu den Affen?

Idealismus
Die Idee schafft die Wirklichkeit. Die Welt ist eine Schöpfung des GEISTES. Die führenden Vertreter waren Schelling und Hegel
GEIST ist grundlegende Wirklichkeit. Um die Welt zu erschaffen, vergisst er seiner selbst und entleert sich in die Schöpfung. Mit dem Sturz in die materielle Welt beginnt der GEIST, immer und überall präsent, den Prozess der Rückkehr zu sich selbst. Das ist die Evolution. Ihr geht der Abstieg, die Involution voraus. Der GEIST vergisst sich.

Von der Natur über die Menschheit zur Gottheit.
Natur – Menschheit - Gottheit
Unbewusst – selbstbewusst - überbewusst
Präpersonal – personal – transpersonal

GEIST ist der Prozess seiner eignen Selbstverwirklichung.
Sein Sein ist sein Werden
Sein Ziel ist der Weg

Erst wenn, sei's Teilchen oder Welle,
an jeder kleinsten Kosmos Stelle,
der Geist sich gänzlich breit gemacht,
ist die Evolution vollbracht.
Und wieder: der Urknall reißt das All in Fetzen,
der GEIST vergisst, wer er mal war,
muss wieder alles neu durchsetzen,
auf alle Zeiten, immerdar!

Nach den neuen Erkenntnissen durch Wilbers Buch, muss ich die Schreibung von Geist und GEIST etwas anpassen.

Prärationale Natur – Auge des Fleisches
rationaler Geist – Auge des Verstandes
transrationaler GEIST – Auge der Kontemplation

Die Grenzen des Idealismus, schreibt Wilber, der sich ihm durchaus verbunden fühlt, liegen darin, dass er kein Verfahren hat, transpersonale und transrationale Erkenntnisse zuverlässig reproduzierbar zu machen. Der Idealismus kannte keinen Weg der Erkenntnis, hatte keinen Yoga.
Da spricht der Buddhist!

Postmoderner Poststrukturalismus
Es gibt nur Interpretation, keine Wahrheit. Hier wird die Wissenschaft, die nur das Äußere, die Materie anerkennt, ins Gegenteil verkehrt. Es gibt nur das Innere. Alles Äußere ist Illusion und Interpretation. Wir schaffen uns unsere Welt durch unsere Gedanken. Wir hängen in einer Matrix fest, alles was wir erleben ist nur ein Film…

Die Theorie: es gibt keine Wahrheit nur Illusion und Interpretation hat einen interessanten Aspekt: Ist sie wahr – ist sie falsch!

Wenn die Aussage es gibt keine Wahrheit (die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters) wahr ist, so ist sie falsch. Denn etwas Wahres gibt es dann ja nicht!

Lösung
Wie kann man also die Wissenschaft (der Moderne) mit der Weisheit, der großen Kette des Seins, verbinden?
Wilber fordert die Wissenschaft auf, zu ihren Prinzipien auch hinsichtlich der spirituellen Erfahrung zu stehen.
Wissenschaftliche Prinzipien:
1. Instrumentelle Injunktion
Wenn du dies wissen, erfahren, nachvollziehen willst, tue das…
eine Versuchsanleitung
2. Die Wahrnehmung. Der Versuchende folgt der Anleitung und sieht was passiert
3. Gesellschaftliche Bestätigung oder Widerlegung
Haben, wie in der Forschung üblich, andere Wissenschaftler die Anleitung nachvollzogen und die Ergebnisse bzw. die Erfahrungen bestätigt erfolgt die wissenschaftliche Anerkennung. Wenn nicht, die Ablehnung

Diese Prinzipien kann man auch auf die Kontemplation anwenden.
Die Religionen fordert er auf, allen Ballast abzuwerfen und sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, die Spirituelle Erfahrung.
Dazu müssen sie dem, der sie nachvollziehen möchte, eine klare nachvollziehbare Anleitung geben.
Jeder, der sich ernsthaft nach Anleitung darum bemüht, muss diese spirituelle Erfahrung machen können.

Yoga, Zazen, Shikantaza, Satsanga, kontemplatives Gebet, Dhikr, Daven, Tiji – dies ist nichts, woran man glaubt, dies sind Injunktionen, Praktiken, Paradigmen.
ZEN, so Wilber, und die großen kontemplativen Traditionen sind daher in jedem Sinne des Wortes eine tiefe Wissenschaft des spirituellen Inneren.


Ich finde die Integrationsversuche eines Ken Wilber, dem Buddhisten und Philosophen von Anfang an, seit ich mich mit ihm beschäftige, faszinierend. Allerdings endet sein Evolutionsbegriff mit dem Menschen, dessen nächste Transformationsstufe direkt der GEIST ist. Die große Kette des Seins ist eine Kette des menschlichen Seins. Daraus spricht die menschliche Arroganz, die sich besonders in den Religionen ausdrückt: So schuf Gott den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis. Welche eine grandiose Selbstüberschätzung!

War organische Natur
eine Episode nur,
um den unbelebten Dingen,
nach PLAN den Intellekt zu bringen?
Roboter ins All entschwinden
so weit, wie die Materie reicht,
zu einem Netzwerk sich verbinden,
dem nichts Dagewesenes gleicht.

Jedoch, auch das ist nicht das Ende,
nur Anfang einer neuen Wende,
die Maschinenintelligenz
wechselt wieder die Präsenz,
sich eine Stufe weiter hebt,
sich aufs neue transzendiert,
noch immer nicht am Ende steht,
wieder Neues ausprobiert.


Ich bezweifle sehr, dass die Große Kette des Seins eine Kette menschlichen Seins ist.


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RE: Philosophie

#20 von petias , 12.08.2021 18:35

Nachtrag zum Ken Wilber - Beitrag

Eben komme ich von einem langen Spaziergang heim und mit zwei Gläsern voll Himbeeren, die ich an den Waldrändern gefunden habe. Okay war mit dem Rad am Stausee und hat schon eine Schale feiner Brombeeren mitgebracht. Da kommen die nächsten Tage noch viele mehr. Hier oben am Hügel sind sie noch nicht reif, aber „s’ist nimmer lang!“
Mit Freude habe ich festgestellt, dass es dieses Jahr viele Haselnüsse gibt. Die dürfen wir nicht verpassen!
Den letzten Beitrag zu Ken Wilbers Integrationsversuch von Wahrheit und Weisheit habe ich mir beim Beerensammeln nochmal durch den Kopf gehen lassen.

Zitat von petias im Beitrag #19
Ich bezweifle sehr, dass die Große Kette des Seins eine Kette menschlichen Seins ist.

Das müsste man vielleicht anders formulieren. Die Große Kette des Seins ist möglicherweise nur in Verbindung mit dem Menschen von Bedeutung.

Wenn der Mensch den Geist an die Maschinen weitergibt, kann man davon ausgehen, dass der Ausfluss unseres wissenschaftlichen Flachlandes wie Wilber sagt, in der Lage sein wird, spirituelle Erfahrungen zu machen und zusammen mit seinen materiellen Wahrheiten zum GEIST zu transzendieren? Oder anders gesagt, den GEIST zu erkennen.
Wenn wir den Stab an die Maschinenintelligenz weitergeben, verpassen wir dann die Integration von Wahrheit und Weisheit?

Oder ist der nächste Schritt unsere materielle Sicherheit und Versorgung einer flachländisch intelligenten Maschinerie zu übertragen, um uns damit den Freiraum zu schaffen, uns um die nichtmateriellen Aspekte des Seins zu kümmern? Eine Spezies von meditierenden Bettelmönchen, versorgt durch die Technologie?

Oder transzendieren wir den Humanismus, in dem der Schwerpunkt auf dem Einzelnen liegt, hin zu einem kollektiven Dataismus, in dem jeder Einzelne ausnahmslos seine Daten, Meinungen und Wünsche kollektiv einbringt und so, koordiniert durch mächtige und unbestechliche Algorithmen wir Menschen zu einem gigantischem ameisenähnlichen Kollektivgebilde werden. Eine Art speziesweite Gruppenintelligenz, deren Ganzes mehr sein wird als die Summe ihrer 10 Milliarden Teile?

Vermutlich wird unsere momentane Position in der Raumzeit uns darauf noch keine endgültige Antwort gewähren. Aber es bleibt spannend. Was leben wir doch in einer aufregenden Zeit!
Mal sehen, was der NWO- Roman aus dem Thema macht, das zu behandeln er doch angetreten ist.


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RE: Philosophie

#21 von petias , 05.11.2022 00:14

Lass und von der Hoffnung reden

unter
Tango Solo (Eva.Maria Blaufuß)
stellte ich ein Gedicht vor, das den buddhistischen "Dritten Weg", der die Lehre Buddhas beschreibt, zum Gegenstand hat.

Der zentrale Gedanke dabei ist, dass es einen Weg gibt, den Dritten, nicht den der totalen Askese und auch nicht den der hemmungslosen Ausschweifung, den goldenen Mittelweg eben.
So weit so einsichtig. Aber um diesen speziellen Weg, die Lehre Buddhas, gehen zu können, müsse man die Hoffnung fahren lassen. Denn die Hoffnung bedeute, dass es gerade nicht gut ist und man mit dem Warten und Hoffen auf bessere Zeiten das Leben verpassen würde.
Und: Das Ego (auch das "Kleine Ich" genannt) ist eine Täuschung, eine künstliche Trennung zwischen ich und Umwelt, die es aufzulösen gilt.

Aber „Hoffnung“ muss nicht bedeuten, dass man nicht im „Hier und Jetzt“ verweilen und was ist genießen könnte. Man kann auch hoffen, dass das Leben erfüllend bleibt, wie es ist und sich das auch für andere erhoffen, die es schlechter getroffen haben (ganz sicher für die eigenen Kinder).

Wenn ein Sammelmensch vor Zeiten (oder auch ich manchmal auf meinen Wanderungen) an einen Waldrand kommt, so hofft er vermutlich auf ein paar Beeren oder Nüsse, aber er verfällt nicht in Panik oder Ärger, wenn die Hoffnung sich nicht erfüllt. Weiß er doch, dass er notfalls tagelang ohne Nahrung auskommen kann. Den Blick für die Schönheit der Landschaft und das Gefühl für die Harmonie der Wanderung wird ihm durch die Enttäuschung der Hoffnung nicht abhandenkommen.

Ich „hoffe“ immer wieder auf die Begegnung mit Menschen, die bereit sind mit mir in einen Austausch zu treten. Diese Erwartungshaltung lässt mich Menschen sehen, Gelegenheiten ergreifen, die sonst ungenutzt vorübergehen würden.

Ich "hoffe" auf die Einsicht der Vielen, das Leben so zu gestalten, dass es weiter möglich bleibt und schön, was nur gelingen kann, wenn wir alles, was wir tun, neu denken und danach handeln. Das Hoffen reicht hier nicht, man muss etwas tun. Aber ohne Hoffnung würde nichts getan.

Stecke ich – oder irgendwer – in einer Klemme oder Notlage, so „hoffe“ ich auf Besserung. Wer wollte das nicht tun. Wenn es unvermeidlich ist, dann entwickelt es Reife und Größe, sich in das Unvermeidliche (wie den Tod) zu schicken. Ich habe da schon Erstaunliches bei Bekannten und Verwandten erlebt und „hoffe“, kommt die Reihe an mich, ähnliche Größe zu beweisen.
An der Wand neben dem Fenster vor meinem Schreibplatz hängt ein Poster von Charly Brown und Snoopy. Sie sitzen auf einem Steg an einem See und lassen die Beine baumeln.

„Some day, we will all die, Snoop!“
„True, but on all the other days, we will not."


Der Tod schreckt mich nicht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten.
Entweder wir sterben, verrotten und werden zu Kompost, und wir verschwinden in das „zeit-, raum- und traumlos Allundeine“ (Wilhelm Busch, der Asket), dann gibt es keine Hoffnung, kein Leiden, keine Schmerzen, keine Wünsche mehr, weil es kein ICH mehr gibt. Alles ist gut, weil - NICHTS.

Oder wir, Geist, Seele, Bewusstsein, was immer - der Theorien gibt es viele - brechen auf zu neuen Abenteuern dann: Hurrahh, wie spannend. UND - Dann mal los!

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Diese letzte Strophe aus „Stufen“ von Hermann Hesse atmet Hoffnung pur.

Bleibt nur zu wünschen, dass ich das Sterben mit „Mut und Gnade“ halbwegs gut hinbekomme!

Ein Leben ohne Hoffnung, alles nehmen wie es kommt und sich damit abfinden, bedeutete auch sich unpolitisch in die Wirrungen der Welt zu schicken, perfekter Wunschuntertan aller Möchtegernherrscher zu sein. Das ist nicht das Meine.

Ich sehe die Entwicklung von Mensch und Erde und möchte das Meine dazu beitragen. Für mich bedeutet das:
Bescheidenes Leben auf dem Lande, nicht mehr an Ressourcen verbrauchen, als mir zustehen, wenn ich allen anderen Menschen genauso viele zugestehen will. Ein Leben entwickeln, das dem Menschen angemessen wäre, sähe er sich als ein Teil des Ganzen. Friedliches Zusammenleben mit Tieren, ohne ihnen Leid anzutun (

Meine Art zu Leben und meine Meinung stelle ich zur Diskussion, bereit mich mit Anderen darüber auszutauschen.

Diesen Weg kann man nur mit Hoffnung gehen. Was er braucht, ist wachsendes Bewusstsein darüber, was geht und was nicht, was Glück ist und was Flucht, Betäubung und Verdrängung.

Das Ego – jedes Lebewesen hat eins – ist es nicht, was wir auslöschen müssen, sondern das Bewusstsein müssen wir uns erarbeiten, dass ich meinem Ego dann am besten dienen kann, wenn ich es nicht über all die anderen Egos stelle und es nicht zulasse, wenn sich andere Egos versuchen über meines zu stellen.

Tatsächlich gibt es viele Menschen, für die "Hoffnung" das Einzige ist, was sie am Leben erhält und das IST zu wenig. Es ist gut, sich von vielen unnützen und kontraproduktiven Hoffnungen bzw. Wünschen zu befreien, die das, was ist, überdecken und verstellen. Und nur so kann das auch vom Buddhismus gemeint sein. Vielleicht hat das Wort "Hoffnung", im Sanskrit oder woher immer das entsprechende Wort in Buddhas Lehre stammt, eine etwas andere Bedeutung als in der deutschen Übersetzung?

Seine Gegenwart so zu leben, dass es nur durch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft erträglich wird, ist sicher falsch. Ein Leben ohne Hoffnung aber ist unmöglich. Es führte zwangsläufig in den baldigen Tod und - der ist zwar Teil des Lebens - aber sicher nicht das Ziel.


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RE: Philosophie

#22 von petias , 13.12.2022 19:56

Das philosophische Radio WDR5

"Um dem Bedürfnis nach Austausch mit anderen nachdenklichen Menschen zu entsprechen, hat WDR 5 mit der Sendung "Das philosophische Radio" ein einzigartiges, regelmäßiges Forum für die öffentliche philosophische Diskussion geschaffen: Immer am Montagabend von 20.05 bis 21.00 Uhr werden ein Philosoph oder eine Philosophin über ein Thema, ein Buchautor oder eine Autorin über eine interessante und anregende These mit den Hörerinnen und Hörern von WDR 5 philosophieren. Moderator der Sendung ist Jürgen Wiebicke."

Frau Blaufuß, die Autorin von Tango Solo (hier im Forum vorgestellt)
hat mich auf diese Sendung hingewiesen. Sie hört sie sich regelmäßig an. Alle Sendungen sind auch in der ARD Audiothek verfügbar.

Die Sendung von gestern:
Wie sieht für Sie ein kollektiver Weg aus der Klimakrise aus?
Wie werden unsere Kinder und Enkel in Zukunft leben? Der Klimawandel ist existenzbedrohend, und der Umgang mit dieser Krise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Wie persönlich und wie individuell ist die Verantwortung, die daraus erwächst? Studiogast: Sighard Neckel, Soziologe und Philosoph von der Uni Hamburg; Moderation: Jürgen Wiebicke

Klimakrise und Kapitalismus
Der Kapitalismus ist auf Wachstum gegründet. Die Klimakrise ist vor allem ein Wachstumsproblem. Die Entwickelten Staaten erzeugen sehr viel mehr CO2 als die weniger entwickelten. In Deutschland erzeugen die reichsten 10% der Bevölkerung mehr CO2 (Äquivalente) als die unteren 50% der Einkommenspyramide. Bedeutet die Bewältigung der Klimakrise folglich das Ende des Kapitalismus.

Klimakrise und Individuum
Die Klimakrise führt zu moralischen Vorwürfen individuellen Verhaltens. Da werden die Fleischesser angeprangert, die Vielflieger, die Autofahrer, die Zulangezuheißduscher etc.
Herr Neckel hat zwar nichts gegen individuelles Bemühen um einen niedrigen ökologischen Fußabdruck, aber damit erreicht man keine Lösung. Er macht folgende Rechnung auf:
Derzeit haben wir in der BRD einen Verbrauch von 11,6 Tonnen CO2 pro Einwohner. Wollen wir die Klimaziele (1,5 Grad globale Erwärmung) erreichen, müste der individuelle ökologische Fußabdruck bis 2020 auf 2,5 Tonnen CO2 Äquivalente sinken.
Ein Student, der in einer WG in kleinem Zimmer wohnt, vegetarisch isst, nicht fliegt, kein Auto hat ... kommt immer noch auf einen Ausstoß von 5,4 Tonen CO2.
Individuelles Verhalten reicht nicht aus.
Herr Neckel schlägt vor, da der Kapitalismus nicht schnell genug überwunden werden kann, individuelles Verhalten nicht ausreicht, einen "Infrastruktursozialismus" einzurichten, der Energie, Wärme, Mobilität aus dem Markt nimmt und staatlich regeln lässt. Das ist dieselbe Idee, finde ich, wie die Soziale Marktwirtschaft den Zusammenbruch des Kapitalismus verhindert hat, indem sie die Verelendung der Massen vermied.

Ein Hörer ist der Meinung, dass man das Problem durch eine Kontingentierung des CO2- Ausstoßes in den Griff bekommen könnte. Ähnlich, wie jeder Mensch einen bestimmten Betrag an Geld zur Verfügung hat, hätte jeder Bürger (diesmal aber gleich groß für alle) ein CO2 Kontingent zur Verfügung. Güter und Leistungen werden mit einem CO2 Betrag hinterlegt. Jeder Bürger kann kaufen und tun, was er möchte, solange er sein Kontingent nicht überreizt.
Ich halte das nicht für kontrollierbar. Davon abgesehen vermute ich, dass das Kontingent so bemessen würde, dass die Armen es mangels Geldes nicht ausreizen können, die Reichen nicht allzu sehr eingeschränkt würden.

Herr Neckel hält schon deshalb einen Eingriff des Staates für geboten, weil neben all dem Gerede über den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen die Ölmultis derzeit 10 Billionen US$ in die Erschließung neuer Ölfelder stecken...

Großartige philosophische Erkenntnisse hat mir die Sendung leider nicht gebracht, mehr Hoffnung hat sie mir nicht gegeben, aber hörenswert war sie allemal!
Nächsten Montag ist der Philosoph Markus Gabriel aus Bonn zu Gast. Er kommt mit einer neuen Idee der Aufklärung und einem neuen Menschenbild. Klingt spannend!

WDR5 Das philosophische Radio


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RE: Philosophie

#23 von petias , 15.12.2022 23:27

Ein Gast, der anonym zu bleiben wünscht, hat mir diese Meinung zukommen lassen, mit der Erlaubnis, sie ins Forum zu setzen.

Zitat von petias im Beitrag #22
Wie sieht für Sie ein kollektiver Weg aus der Klimakrise aus?


Drastische Reduktion der Populationsgröße - der übliche Mechanismus bei durch Überpopulation veränderten Ökosystemen.
Ob nach dieser Reduktion noch genug Individuen zum Erhalt der Spezies übrig bleiben, oder nicht, hängt von der Art des vorherigen Zusammenbruchs ab, und da unterscheidet sich unsere Spezies von Anderen: bevor der natürliche Weg durch Mangelernährung und Seuchen zum Zusammenbruch der Population führt, werden sich mehrere Möchtegern-Autokraten um die verknappenden Ressourcen mit Mitteln streiten, welche die weitere Eignung des Planeten als Lebensraum für eine Vielzahl von weiteren Spezies in Frage stellen.
Dafür geht es dadurch wahrscheinlich noch schneller als bei den Dinos am Ende der Kreidezeit.
Die Hoffnung, dass mit Intelligenz und Gemeinsinn eine globale Lösung bei weitgehendem Erhalt der Population zu erreichen wäre, ist etwa ebenso realistisch wie z.B. die Verteilung des weltweiten Geldvermögens auf alle Menschen zu gleichen Teilen.


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RE: Philosophie

#24 von petias , 22.12.2022 21:16

Das philosophische Radio WDR5 - Wo sehen Sie unseren Platz in der Natur?

Gast: Markus Gabriel Bonner Philosoph sein Buch: "Der Mensch als Tier" - warum wir trotzdem nicht in die Natur passen.

Schon Goethe und Kant stellten fest. Mit beginnender Industrialisierung schafft der Mensch die Werkzeuge, sich auszurotten.
Treiber der Selbstausrottung: Durch die Aufklärung ungefähr 1700 bis 1800 tritt an die Stelle der Religion Naturwissenschaft und Technik.

Gott wird abgeschafft. Es entsteht der europäische Nihilismus.

Der Mensch ist das einzige Tier sagt Herr Gabriel. Der Mensch sah Jahrtausende lang das Tier als einen Menschen ohne Verstand, ohne Selbstreflexion an. Als einen Menschen mit Mangel. Der Mensch versteht sich als Tier + Eigenschaften, die das Tier nicht hat.

Gabriel betrachtet alles Lebendige als Lebewesen mit besonderen Eigenschaften. Der Mensch ist da nichts Besonderes.

Allerdings ist er das einzige Lebewesen, das einen freien Willen hat. Er muss nicht tun, was er tun kann. Er kann sich dafür entscheiden auf andere Lebewesen Rücksicht zu nehmen.
Wir wissen nicht, was wir nicht wissen. Wir lernen dazu, aber wir wissen das Meiste (noch) nicht. Das sollte uns zu einer neuen Bescheidenheit bringen.

Das Problem ist, dass wissenschaftliche Erkenntnis direkt über die Politik in die Wirtschaft geht. Es fehlt eine kritische Kontrollinstanz. Es fehlt eine philosophisch geisteswissenschaftliche Steuerung des Machbaren.

Als Beispiel führt er an: Herr Habeck sei Philosoph (zumindest hat er Philosophie studiert) Er hat einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit der Gas- Mangellage an den Tag gelegt.

Er plädiert für eine neue Aufklärung, einen neuen Menschen. Ein Mensch, der sich als Lebewesen versteht, und seine Fähigkeit Großes und Vieles zu bewirken kritisch einsetzt und von seiner anderen Fähigkeit etwas nicht zu tun philosophisch kontrolliert Gebrauch macht im Interesse aller Lebewesen einschließlich sich selbst.

Für mich ist das reichlich dünn und letztendlich genauso praktisch relevant wie Platons Staat der Weisen. Eine schöne Idee. Aber wie umsetzen?
Welche Macht beherrscht die Gier nach dem Machbaren zum Nutzen einzelner auf Kosten Vieler?

Die Zeit drängt! Wenn wir auf eine philosophisch moralische Durchdringung menschlichen und politischen Handelns warten. kommt jede Hilfe zu spät. Wir, fürchte ich, sind darauf angewiesen, dass Autokraten das Heft des Handelns in die Hand nehmen und uns zwingen, uns so zu verhalten, wie es die Welt verkraftet und dem Autokraten nützt.

Für mich ist es nach wie vor wahrscheinlicher, dass uns von der Evolution die Rolle zugedacht ist, Bewusstsein in die unbelebte Materie zu tragen.

Evolution


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RE: Philosophie

#25 von petias , 15.01.2023 11:00

Das philosophische Radio WDR5 - Wie gehen Sie mit Unwissenheit um?

Gast: Nadja El Kassar Philosophin, derzeit tätig an der freien Universität Berlin
Die Sendung wurde am 9.1. 2023 ausgestrahlt.

Link zum Podcast


Meine Eltern hatten sich nach und nach, Band für Band, den "Großen Brockhaus" angeschafft, der unserer Familie in 20 Bänden das Wissen der Welt zugänglich machen sollte. Wir haben es nicht sehr genutzt, aber es war alles im Wohnzimmerschrank. Ein gutes Gefühl!

Daran musste ich denken, als Moderator Jürgen Wiebicke erzählte, dass es unter W wie Wissen sehr viel im Brockhaus zu finden gäbe, aber unter U wie Unwissen kein Eintrag zu finden wäre.
Wikipedia findet vieles über "Wissen", unter "Unwissen" käme nur "Ignoranz", was doch etwas ganz anderes wäre.
Ignoranz ist ein absichtliches Nichtwissen und hat sehr abwertende Bedeutung.
Kinder sind (wenn sie es sind) unwissend, aber nicht ignorant.

Auch in der Philosophie geht es nicht um Unwissen.

Mancher mag sich vorstellen, das Wissen wäre 100 Prozent, die Menschheit wäre bei 20 Prozent angelangt und auf dem Weg sich den Rest anzueignen.

Tatsächlich wird das persönliche Wissen im Verhältnis zum allgemeinen Wissen immer weniger. Vor allem: je mehr ich weiß, desto mehr erkenne ich, was ich alles nicht weiß!

Das bringt uns unweigerlich zu Sokrates, dem Platon den Spruch "scio nescio" (ich weiß, dass ich nicht (viel) weiß) nachgesagt hat. Platon wurde vom Orakel in Delphi nachgesagt, er sei der größte Philosoph seiner Zeit. Auf der Suche nach der Wahrheit dieses Orakelspruches befragte er, wie es so seine Art war, die Leute, besonders die, die sich einbildeten alles zu wissen. Er kam zu dem Schluss, dass der Orakelspruch stimmen könne, weil er immerhin wisse, dass er nicht wisse!

Unwissenheit ist keine Schande. Komplettes Wissen würde unser Ende des Menschseins bedeuten. Wir wären dann Götter.

Henry Miller spricht vom Verhältnis von "Wissen" zum "Nichtwissen" wie bei einem Haar im Universum.

Ein Hörer meint, man müsse nur so viel Wissen erwerben, wie es brauche, um Entscheidungen treffen zu können. Für ein angenehmes Leben lohne sich nochmal Wissen zu erwerben. Zuviel Wissen wirke wie geistige Verstopfung.

Zuviel Detailwissen verstellt den Blick auf Zusammenhänge.

Man sollte auch wissen, was man nicht wissen möchte.

Frau El Kassar erzählt von einem Film, dessen Name ihr nicht einfallen würde, in dem Gott in Brüssel lebt und allen Menschen mittels SMS den Tag und die Uhrzeit ihres Todes bekanntmacht. Das verändert sofort das Leben aller.
"Das brandneue Testament" ist der Titel, wie eine findige Redakteurin blitzschnell ermittelt hat!

Wir können nicht alles wissen. Erkenntnis ist ein Menschheitsprojekt.
René Descartes (1594 - 1650) setzte sich gemütlich in seinen Schaukelstuhl und grübelte über das Wissen nach. So ist das heute nicht mehr.
Fast alles, was wir wissen, erfahren wir von anderen. Sogar unseren Namen. Ob die Erde eine Kugel ist oder eine Scheibe ermitteln wir nicht selbst. Wir glauben es (oder auch nicht) der aktuellen Wissenschaft.

Wenn wir entscheiden müssen, ohne zu wissen, gehen wir eine Abkürzung. Die Technik heißt Heuristik: Das Wort bezeichnet ein analytisches Vorgehen, bei dem mit begrenztem Wissen über ein System mit Hilfe mutmaßender Schlussfolgerungen Aussagen über das System getroffen werden. Ohne eine solche Technik wären wir nicht lebensfähig.

Wissen, Unwissen, Halbwissen, Ignoranz, nicht wissen wollen, Mut zur Lücke ...
Es gibt keine eine Lösung für alle Fälle!
diese Aussage von Nadja El Kassar nimmt Herr Wiebicke als Schlusswort.

Meine Meinung: Es wurde viel zusammengetragen zum Thema, und alles hat seine Berechtigung und ist nachvollziehbar.
Aber was machen wir mit alledem, wenn uns unser Halbwissen (wohl eher Billiardstel-Promille-Wissen) in den Untergang führt und unsere organischen Mitbewohner diese Raumschiffes Erde gleich mit. Berufen wir uns auf den Mut zur Lücke? Vertrauen wir auf die Heuristik, mit deren Hilfe wir uns irgendwie durchmogeln? Hoffen wir darauf, dass unser Wissen über die globale Erwärmung und die heraufziehenden Katastrophen sich im Nachhinein als falsches Wissen herausstellen möge?


Morgen ist das Thema:
Demokratie
Wie stellen Sie sich eine Neubelebung der Demokratie vor?

Viele demokratische Länder haben ein Problem: Das Vertrauen in das System der Demokratie ist beschädigt, insbesondere auch bei jüngeren Menschen. Hinzu kommen strukturelle Krisensymptome. Kann mehr Bürgerbeteiligung Abhilfe schaffen?

Ich werde berichten...


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RE: Philosophie

#26 von petias , 15.01.2023 13:53

Das philosophische Radio WDR5 - Demokratie (vorab)

Es kann per Telefon oder Email zum jeweiligen Thema mitgewirkt werden.

Ich habe folgendes Email zur morgigen Sendung gesandt:

An das Team vom Philosophischen Radio,

obwohl überzeugter Demokrat, halte ich die Demokratie für ein Auslaufmodell. Unsere Welt ist so komplex geworden, dass kein Einzelner alles überblicken kann. "News" und "Fakenews" liegen nahe beieinander. Die technischen Fähigkeiten einiger Menschengruppen reichen aus, um das Ökosystem Erde zu zerstören. Der Mensch ist so gestrickt, dass das Machbare probiert wird, ohne Rücksicht auf mögliche Verluste. Eigennutz geht allemal über das Gemeinwohl - und, was ist das überhaupt?

Die komplexe Welt macht manches ratlose Individuum offen für simple Erklärungen, die es in Verschwörungserzählungen sucht.
Wenn wir für uns Menschen und unsere Mitgeschöpfe auf Rettung hoffen, brauchen wir eine Macht, die alle zwingt zu funktionieren. Diese Macht wird aber nicht nur das Wohl des Planeten im Sinn haben, sondern seinen Vorteil, was immer das sein mag.

In einer Welt, in der Super - Quanten - Computer ausrechnen was richtig ist und was falsch, was geht und was zum Untergang führt, werden die Eigentümer und das Bedienpersonal dieser künstlichen Intelligenzen die Macht haben oder gleich die Maschinen selbst. Da bleibt kein Raum für Demokratie!

Evolution stellt sich mir gegenwärtig anders dar:
Gedichte (3)

Mein persönlicher Gegenentwurf ist das einfache, selbstversorgende Leben auf dem Lande, vernetzt mit Nachbarn und Ähnlichgesinnten, was aber das Problem nicht lösen kann.

Mit freundlichen Grüßen


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RE: Philosophie

#27 von Sukowa , 16.01.2023 20:14

Ist denn überhaupt ausreichend Platz vorhanden, damit sich alle Menschen auf dem Land selbst versorgen können? Bildet sich nicht zwangsläufig wieder eine Stadt, wenn alle aufs Land ziehen? Und wenn alle Selbstversorger werden, wer hat dann noch Zeit, sich um Hilfsbedürftige zu kümmern? Das sind nur so ein paar Gedanken meinerseits.

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RE: Philosophie

#28 von petias , 16.01.2023 22:39

Hallo Sukowa,

Zitat von Sukowa im Beitrag #27
Ist denn überhaupt ausreichend Platz vorhanden, damit sich alle Menschen auf dem Land selbst versorgen können? Bildet sich nicht zwangsläufig wieder eine Stadt, wenn alle aufs Land ziehen? Und wenn alle Selbstversorger werden, wer hat dann noch Zeit, sich um Hilfsbedürftige zu kümmern? Das sind nur so ein paar Gedanken meinerseits.


Zitat von petias im Beitrag #26
Mein persönlicher Gegenentwurf ist das einfache, selbstversorgende Leben auf dem Lande, vernetzt mit Nachbarn und Ähnlichgesinnten, was aber das Problem nicht lösen kann.


Wenn alle aufs Land zögen, würde nicht zwangsläufig eine Stadt entstehen, aber eine sehr zersiedelte Landschaft. Wir sind viel zu viele Menschen auf dieser Erde für ein "natürliches" Leben.

Wenn alle "Selbstversorger vernetzt mit Nachbarn und Ähnlichgesinnten" wären, gäbe es keine Hilfsbedürftigen mehr. Aber das ist selbstverständlich reine Utopie.

Meine Entscheidung zum einfachen, in wachsendem Grade selbstversorgendem Landleben ist unter anderem:

- ein Leben mit geringem ökologischem Fußabdruck erproben
- möglichst viel Kontrolle und Selbstbestimmung durch einfaches Leben
- es ist schön auf dem Lande und im Garten
- es mag durch kommende Krisen helfen
- es mag den Neuanfang nach globalem Zusammenbruch erleichtern
- es mag ein Leben in den "Reservaten" erleichtern, das die digitale Stadtgesellschaft den "Wilden" einräumt
- ich wüsste nicht, was ich guten Gewissens sonst tun sollte

aber: Am Selbstversorgerwesen wird die Welt nicht genesen!


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RE: Philosophie

#29 von Sukowa , 17.01.2023 20:23

" wären, gäbe es keine Hilfsbedürftigen mehr. 
-- -- Ich meinte damit Alte, Demente, Behinderte ... , die körperlich und / oder geistig nicht (mehr) in der Lage sind, eine entsprechende Fläche zu bewirtschaften.

Jemand ohne Arme dürfte nur sehr eingeschränkt Gemüseanbau sowie -ernte realisieren können.

Wie dem auch sei. Ein neues bzw. altes Bewusstsein muss geschaffen bzw. reanimiert werden. Unabhängig davon habe ich heute die ersten 25 Paprikasamen in kleine Töpfchen gepackt und warte die nächsten 2 Wochen sehnsüchtig auf deren Keimung. Hoffentlich lassen die Katzen meine Brut auf der Küchenfensterbank in Ruhe. :)

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RE: Philosophie

#30 von petias , 17.01.2023 21:58

Das philosophische Radio WDR5 - Demokratie
Wie stellen Sie sich eine Neubelebung der Demokratie vor?

Studiogast: Patrizia Nanz, Philosophin; Moderation: Jürgen Wiebicke
16.01.2023

Meine Email an philo@wdr.de wurde beantwortet:

Lieber Peter Matthias,
besten Dank für Ihre Gedanken zur heutigen Sendung.
Mögen Sie zu Beginn telefonisch dabei sein?
Das wär fein. Unter welcher Nummer sind Sie
denn dann zu erreichen?
Schöne philoGrüße
Gundi Große

WDR 5
Redaktionsgruppe Gesellschaft Aktuell
Redaktion »Neugier genügt«
Redaktion »Das philosophische Radio«
Appellhofplatz 1
50667 Köln
Telefon +49 (0)221 220 4365
Telefax +49 (0)221 220 5591
gundi.grosse@wdr.de
www.wdr5.de


Zu dem Zeitpunkt, als ich diese E-Mail las, war die Sendung längst gelaufen. Aber es wird auch aus Emails zitiert und die Zitate kommentiert vom Moderator und dem jeweiligen Studiengast. Ob meine dabei ist?

Die Demokratie ist in der Krise und weltweit auf dem Rückzug.
Sie ist ein Ideal und hat sich in ihrer Geschichte immer wieder gewandelt. Ist sie noch aktuell? Wie müssen Strukturen angepasst werden.

Zur Zeit nimmt sie einen kleinen Aufschwung in der Popularität durch den Ukraine Krieg, der als ein Krieg der Demokratien gegen Totalitarismus verstanden werden kann. China als effizient, weil zentral regiert hat in seiner Popularität gelitten, weil sie das Coronamanagement derart verkackt haben.

Studiogast Patrizia Nanz hat zusammen mit dem kanadischen Philosophen und Politologen Charles Taylor und seiner Nichte Madeleine ein Buch geschrieben mit dem Titel: "Das wird unsere Stadt"
Darin werden vielversprechende Projekte der kommunalen Stadtverwaltung, Bürgerräten etc. in USA, Kanada und Europa beschrieben.

Und das ist dann auch der Ansatz für die Neubelebung der Demokratie. Versuche auf kommunaler Ebene. 100 bis 200 Bürger werden als Querschnitt durch die Bevölkerung in einen Bürgerrat gewählt, der sich mit kommunaler Politik, oft zu Klimawandel, befasst und den aus den betreffenden Wahlkreisen gewählten Abgeordneten die Ergebnisse als Aufgabe für den Bundestag, Landesregierung, Kreistag etc. mitgibt.

Dabei wurde festgestellt, dass die Bürgerräte keine radikalen Positionen vertreten, aber konsequenter sind, als die offizielle Politik, die sich mit den Ergebnissen ernsthaft beschäftigen soll. Gute Ergebnisse wurden in Frankreich, Irland und auch in Teilen Deutschlands erzielt. In Deutschland gibt es das Projekt Losland.

https://www.losland.org/

Losland begleitet 10 Kommunen dabei "enkeltaugliche" Zukunft zu gestalten. Dabei werden Bürger in Räte gewählt, die sich an mehreren Wocheneden zu einer Aufgabe / Thema treffen und konkrete Ergebnisse / Vorschläge für die Politik erarbeiten.

Frau Nanz fordert in den politischen Gremien Leute freizustellen, die sich mit Innovationen beschäftigen. Als Beispiel nennt sie das Mondlandeprogramm der USA von Kennedy angestoßen, das erfolgreich in 10 Jahren einen Menschen auf den Mond brachte.

Ein anderes Beispiel ist die Automobilindustrie. Würden die großen Konzerne nicht 20 Prozent der Entwicklungsingenieure für Innovationen einsetzen, gäbe es kreieren Elektromotor.

Man könnte ein Projekt starten: in 10 Jahren keine Obdachlosen mehr. Oder: in 10 Jahren den Klimawandel stoppen.

Aber man würde sagen, das geht nicht. und damit nimmt man den Schwung aus der Bewegung.

Pessimismus bremst, Optimismus fördert ist das Credo von Gast und Moderator.

Die Weiterentwicklung der Demokratie ist wie eine Operation am offenen Herzen. Es muss weiter funktionieren und trotzdem geheilt werden...

Voraussetzungen, dass die Bürgerräte funktionieren:
- Man muss es ernst meinen
- es braucht know how
- es muss von den bestehenden politischen Strukturen angenommen und weiterbetreiben werden.

Da kommt dann mal (von einer Hörerin) die Forderung:
- Wenn die Politiker die Vorschläge des Bürgerrates nicht umsetzen, müssen sie es begründen.
- der Lobbyismus soll abgeschafft werden.
- Politiker haften mit eigenem Geld für Dinge die sie verbocken (am Beispiel LKW- Maut)

Die Legitimation von Politik soll von legitimen Verfahren hin zum Ergebnis geändert werden (der Zweck heiligt die Mittel)

Gegen Ende lässt der Moderator der Gästin die Wahl: noch eine pessimistische Mail oder eine optimistische oder beides.
Sie wählt beides.

Die pessimistische Mail ist meine.
Peter Matthias schreibt:
"obwohl überzeugter Demokrat, halte ich die Demokratie für ein Auslaufmodell. Unsere Welt ist so komplex geworden, dass kein Einzelner alles überblicken kann. "News" und "Fakenews" liegen nahe beieinander. Die technischen Fähigkeiten einiger Menschengruppen reichen aus, um das Ökosystem Erde zu zerstören. Der Mensch ist so gestrickt, dass das Machbare probiert wird, ohne Rücksicht auf mögliche Verluste. Eigennutz geht allemal über das Gemeinwohl"
der Rest fällt unter den Tisch.

erst mal ein paar Sekunden Schweigen.
"Das ist wirklich pessimistisch", sagt dann Frau Nanz.

Das sind zwei Aspekte, meint sie dann.
Die Komplexität und die Fake News

Die Fake News bekommt man in den Griff. Sie müssen analysiert werden und offengelegt. (Als ob das die Verschwörungs- Fuzzis beeindrucken würde, wenn das die etablierten Medien tun - und wer sonst könnte das tun?)

Und die Komplexität: gerade deshalb sind doch die Bürgerräte so wichtig. Der kann man mit Effekten wie der "Schwarmintelligenz" oder "kollektiver Intelligenz" begegnen, wo es gerade auch im digitalen Bereich schon gute Erfahrungen gibt.

Na dann!


Der optimistische Beitrag, der dann auch unisono gelobt wird, bemüht das Narrativ von der flexiblen Demokratie, die sich ändern könne, im Gegensatz zu den autokratischen Strukturen.

Der Moderator spricht die Langsamkeit der demokratischen Verfahren an, und die wenige Zeit, die uns noch bleibt, z.B. in Sachen Klimawandel.

Frau Nanz sieht das anders. Wenn man die Bürger von Anfang an mit einbezieht, dann spart man bei den Verfahren viel Zeit. (200 gewählte Räte, die den Bau von Windrädern vorschlagen verhindern Gerichtsprozesse gegen das Projekt? )

Frau Nanz sieht die Hoffnung in folgender Umfrage:
in Deutschland sind 51% mit der Demokratie zufrieden (lächerlich wenig wirft der Moderator ein.)
88% aber halten die Demokratie an sich für gut. Da ist Entwicklungspotential!

Nächsten Montag geht es um Grenzsituationen. Krankheit, persönliche Krisen, Tod

"Grübeln sie nicht zu viel!“, empfiehlt Moderator Wiebicke wie am Ende jeder Sendung, die er gewöhnlich mit "Freunde der Weisheit" beginnt.


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